20.12.2019

Mühleberg-Aus schadet der Umwelt

Übrigens
Das Kernkraftwerk Mühleberg ist vom Netz gegangen. Trotzdem wird nicht sehr viel weniger Atomstrom konsumiert in der Schweiz. Er kommt jetzt einfach aus Frankreich.

Nicht nur die Grünen und Umweltverbände jubelten in der Stunde der Ausserbetriebnahme des Kernmeilers in Mühleberg. Generell hätte man meinen können, es sei ein epochaler Fortschritt geschehen. Und die Forderungen gehen gleich weiter. Die Grünen Schweiz wollen nun auch das KKW Beznau vom Netz nehmen. "Statt die Sicherheitsvorschriften aufzuweichen muss der Bund den Ausbau der erneuerbaren Energien endlich stärker fördern und dazu einen verbindlichen Ausstiegsplan aus der Atomenergie festlegen", schreiben die Grünen in ihrer Mitteilung.

Die Grünen fordern mehr erneuerbare Energie. Am Tag des Mühleberg-Ausstiegs lehnen sie abereine Initiative ab, welche genau dies will.

OK. Irgendwie hab ich da offenbar was nicht begriffen. Die Grünen fordern, dass man die erneuerbaren Energien stärker fördert. Die gleichen Grünen also, die im Schlepptau ihrer Umweltverbände jede neue Staumauer und jedes neue Windrad bekämpfen? Die gleichen Grünen, welche die Parlamentarische Initiative "Ausbau der Wasserkraft zur Stromerzeugung und Stromspeicherung" von SVP-Parteipräsident Albert Rösti am gleichen 20. Dezember in der Schlussabstimmung ablehnten? Nur dank präsidialem Stichentscheid wurde die wichtige Vorlage angenommen.

Logik war noch nie eine besonders ausgeprägte Eigenschaft von linken Parteien. Ebenso wenig wie Bescheidenheit. Beides zusammen gepaart ergibt ein gerüttelt Mass an Ignoranz. Und das zeigt sich am Ende der Kernenergie im Kanton Bern ausgeprägt. Und zwar nicht nur daran, dass man am gleichen Tag eine wichtige Vorlage, welche die Wasserkraft stärken würde, ablehnt, in einer Medienmitteilung von mehr erneuerbarer Energie schwafelt. Nein, es zeigt sich ganz einfach auch daran, was die unmittelbaren Folgen des Mühleberg-Endes sind.

Der Im- und Export von Strom in die Schweiz am 20. Dezember 2019 kurz nach Mittag. Netto werden 834 MW Strom importiert. Zu mindestens drei Viertel Kohle- oder Atomstrom.

Mit der Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg fällt eine Produktion von rund 370 Megawatt weg. Auf der Website von Swissgrid kann man aktuell einsehen, wie die Stromflüsse in- und aus des Schweiz sind. Generell fällt bei der Betrachtung der Zahlen auf, dass die Schweiz vor allem auch ein Stromtransitland ist. Vor allem aus Frankreich und Deutschland wird viel Strom importiert, der zu grossen Teilen dann wieder weiter nach Italien geleitet wird. Im Winter aber behält die Schweiz einen rechten Teil des Importstroms. Wir sind also in den Wintermonaten Netto-Importeur.

72 % des französischen Stroms ist Atomstrom.

Bei Betrachtung der Zahlen kurz nach der Abschaltung von Mühleberg fällt auf, dass netto 834 MW Elektrizität importiert wurde. Das ist also rund das Doppelte des Stroms, den Mühleberg produzierte. Und woher kommt dieser Strom? Zu drei Viertel aus Frankreich, zu einem Viertel aus Deutschland. In Frankreich ist das zu 72 % Kernenergie. Im Winter womöglich noch mehr. Der Rest teilen sich im Wesentlichen die Wasserkraft und die fossile Energie. Sprich: Deutlich über 80 % des zusätzlich aus Frankreich importierten Stroms stammen aus Kernenergie oder dann aus fossilen Kraftwerken, welche CO-2 produzieren.

So brutal werden durch den Braunkohletagebau Landschaften zerstört. Solcher Strom kommt nach dem Ende von Mühleberg nun auch vermehrt in die Schweiz.

Ein Viertel des Stroms kommen aus Deutschland. Dem Land, das sich die Energiewende am Grössten auf die Fahne geschrieben hat. 2017 wurden in Deutschland noch immer 11,7 % der Energie aus Kernenergie produziert. Die grössten Stücke am Strommarkt haben aber die Braunkohle mit 22,5 % und die Steinkohle mit 14,1 %. Dann kommt Erdgas mit 13,2 %. Nicht weniger als 61,5 % des Strommix in Deutschland sind also noch immer entweder nuklear oder dann fossil. Nur die Windenergie kommt mit 16,2 % auf einen höheren Wert als das Erdgas. Die Photovoltaik macht relativ bescheidene 6,1 % aus.

Kommt dazu, dass im Winter auch in unserem nördlichen Nachbarland die Sonne im Winter wenig und vor allem weniger intensiv scheint. Man kann also davon ausgehen, dass auch hier der Anteil der fossilen oder nuklearen Energie im Moment der Abschaltung Mühlebergs rund 70 % ausmachten.

61,5 % des Strommix in Deutschland sind also noch immer entweder nuklear oder dann fossil.

Was bedeutet dies nun also zusammengefasst? Mindestens drei Viertel der Energie, welche nach dem Abschalten von Mühleberg während der Wintermonate zusätzlich importiert werden muss, stammt entweder doch wieder aus Kernkraftwerken, oder dann aus Kohle- oder Gaskraftwerken. CO-2-Schleudern also. Nur ein bescheidener Teil der zusätzlich importierten Energie stammt möglicherweise aus erneuerbaren Quellen.

Freuen dürfen sich französische AKW und deutsche Kohlekraftwerke!

Was lernen wir daraus? Wer am Tag des Endes von Mühleberg wohl noch mehr jubelt als unsere naiven Schweizer Gutmenschen sind die Bosse der deutschen Kohle- und der französischen Kernkraftwerke. Für die Unabhängigkeit der Schweizer Energieversorgung wie auch für die CO-2-Bilanz ist es hingegen ein klarer Rückschritt.

Autor: Samuel Krähenbühl