28.1.2022

Grossverlage sind Profiteure der Medienförderung

Gesellschaft

Die Ostermundiger SP-Gemeinderätin Maya Weber Hadorn behauptete, das Medienpaket sei gerade für kleine Zeitungen wie die Bantigerpost notwendig. Dumm ist nur: Die Bantigerpost würde keinen Rappen bekommen.

Am 13. Februar 2022 stimmen die Schweizer Stimmberechtigten über das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien ab. Dahinter versteckt sich ein Massnahmenpaket, das die bereits bestehenden Subventionen an die Medien um rund 150 Millionen jährlich aufstocken will. Dagegen wurde das Referendum ergriffen.

Dabei wissen viele nicht, dass bereits heute Subventionen an Medien im Rahmen einer Zustellverbilligung durch die Post bestehen. Im aktuell gültigen System gibt es vor allem eine Zustellermässigung für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften.

Anspruch auf Zustellermässigung haben im aktuellen System abonnierte Tages- und Wochenzeitungen in der Tageszustellung der Schweizerischen Post mit einer Gesamtauflage von durchschnittlich mindestens 1000 und höchstens 40'000 Exemplaren. Die Titel müssen einen redaktionellen Anteil von mindestens 50 % aufweisen und dürfen nicht zu einem Kopfblattverbund mit einer Gesamtauflage von durchschnittlich mehr als 100'000 Exemplaren pro Ausgabe gehören. Die Überlegung dahinter: Man wollte im bisherigen System eben effektiv vor allem die kleinen und mittleren Titel fördern und nicht etwa die börsenkotierten Grossverlage.

Die neue Vorlage, über die wir abstimmen, würde gerade für kleinere Verlage keine oder zumindest keine wesentliche Besserung ergeben. Denn sie bringt vor allem eine Ausweitung für die Abo-Titel der Grossverlage sowie für Online-Portale mit Bezahlschranken. Denn die bisherige Beschränkung auf Zeitungen mit unter 40'000 Auflage würde fallen. Sprich: Namentlich Ringier und vor allem Tamedia mit ihren zahlreichen, aber meist dünnen Kopfblättern würden profitieren.

Zahlreiche gut gemachte lokale und regionale Zeitungen, die mit einem sogenannten Reichweitenmodell arbeiten, gingen hingegen weiterhin leer aus. Dazu gehören beispielsweise der Berner Landbote oder die Wochenzeitung für das Emmental und Entlebuch.

Dass selbst zahlreiche prominente Befürworterinnen und Befürworter nicht wissen, dass die meisten regionalen Zeitungen eben gerade nicht vom neuen Gesetz profitieren würden, zeigt das Beispiel von Maya Weber Hadorn. Sie ist SP-Gemeinderätin in Ostermundigen. Zunächst hatte sie auf Facebook gepostet, dass das Medienpaket "für kleinere, lokale Medien wie die Bantigerpost in unserer Region wichtig" sei.

Der "Bärner Bär" machte sie unter dem Titel "SP-Gemeinderätin kämpft gegen Fake News – und publiziert Fake News" dann auf ihren Irrtum aufmerksam. Danach musste sie zurückkrebsen: "Asche über mein Haupt. Politiker*innen sollten keinen Hafechäs schreiben. Meine Recherche war zuwenig vertieft. Ich wusste echt nicht, dass die Bantiger Post eine Gratiszeitung ist."

Das gleiche Problem bei den neu vorgeschlagenen Subventionen für Online-Portale. Diese neuen Subventionen würden von Umsätzen durch Online-Abos abhängig gemacht. Online-Portale, welche sich ausschliesslich durch Werbeeinnahmen finanzieren, wären nicht zum Bezug von Unterstützung berechtigt.

Der allergrösste Systemfehler am neuen Gesetz wäre, dass die bereits heute oft sehr regierungsfreundlich schreibenden Grossverlage noch abhängiger von der Politik würden. Die ganze Corona-Politik ist ein Paradebeispiel dafür, wie staatsnahe bereits heute die grossen Medien sind. Da gelangen etwa systematisch geheime Informationen aus den Bundesratssitzungen und sogar schon die Anträge vor den Sitzungen an die Medien. Und es sind meist die Titel der Grossverlage Tamedia und Ringier (Blick), welche auf diese informelle Art mit Teilen der Verwaltung und einigen Departementen gemeinsame Sache machen.

Dass offensichtlich für die gute Versorgung mit geheimen Informationen im Gegenzug die Politik der Behörden wenig kritisch beleuchtet wird, das ist seit kurzem mehr als nur ein Gerücht. Videos einer Onlinekonferenz, die öffentlich wurden, zeigen, wie der Ringierchef Marc Walder seine Leute auf einen regierungsfreundlichen Kurs einschwor.

Eine weitere Angelegenheit, welche erst jetzt öffentlich wurde, zeigt nicht nur die bereits jetzt bestehende Abhängigkeit der Verlage von der Politik. Nein, sie zeigt auch, wie absurd generell Subventionen an börsenkotierte Grossverlage sind.

Es geht um folgendes: Die Zürcher Mediengruppe TX Group (Tamedia) ist wegen einer angekündigten Dividendenausschüttung ins Visier des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) geraten. Generell dürfen Gesellschaften, die vom Bund Corona-Nothilfe bezogen haben, keine Dividenden ausschütten. Doch die TX-Group will nicht nur Dividenden ausschütten, sondern gar eine höhere Sonderdividende an ihre Aktionäre bezahlen.

Das muss man wiederholen, weil man es sonst fast nicht glauben würde: Die TX Group will trotz Bezug von Corona-Nothilfe eine noch höhere Dividende als üblich ausbezahlen! Immerhin kann es bei der Corona-Nothilfe sein, dass sie die Subventionen in diesem Fall zurückbezahlen müsste. Beim neuen Mediengesetz wäre dies aber anders. Es würde die grossen Verlage niemand daran hindern, einen Teil der Subventionen indirekt als Dividenden an ihre Aktionäre auszubezahlen.

Fazit: Wer wirklich für vielfältige und vor allem unabhängige Medien ist, der muss das neue Mediengesetz am 13. Februar unbedingt ablehnen.

Autor: Samuel Krähenbühl